Bianca Winkelmann MdL

Wie umgehen mit Milchkrisen?

(Drucksache 17/2548)
 
(Video verfügbar)

Auszug aus dem Plenarprotokoll vom 20. September 2018:

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Zahl der Milchkühe in Nordrhein - Westfalen stagnierte im Jahr 2017 bei rund 418.000 Tieren. Gleichzeitig verrin- gerte sich aller dings der Anteil der Milchkuhhalter in unserem Land um über 5 % auf 5.900 Betriebe. Ge- rade kleinere Familienbetriebe müssen vor einem immer weiter um sich greifenden Strukturwandel geschützt werden.

Es geht in der heutigen Diskussion einmal mehr um die Branche, die durch ihre tägliche unermüdliche Arbeit an sieben Tagen die Woche in 52 Wochen im Jahr dafür sorgt, dass wir alle mit gesunden Lebensmitteln versorgt werden.

Die Einführung der Milchquote auf EU-Ebene im Jahr 1984 sollte ein Instrument schaffen, die Milchproduktion in den Mitgliedsstaaten zu beschränken. Allerdings stellte diese Quote für die produzierenden Betriebe eine enorme Kostenbelastung dar.

Wir alle kennen den Verlauf: Nach langen Verhandlungen ist die Milchquote dann zum 1. April 2015 ausgelaufen. Seitdem agieren unsere Milchviehbetrieb im Land auf dem freien Markt. Dieses war von einer Mehrheit der Landwirte immer so gewünscht.

Frei handelbare Märkte sind natürlich immer auch Preisschwankungen ausgesetzt. Unsere Landwirte in Nordrhein - Westfalen wissen um diese Probleme und stellen sich den Herausforderungen.

Nun haben die Auswirkungen der letzten Milchkrise gezeigt, wie schnell Milch produzierende Betriebe in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten können. Zu Recht diskutieren daher die Branche und die Politik seit Jahren über Möglichkeiten, in Krisensituationen eingreifen zu können. Einen Königsweg haben alle Handelnden bis heute nicht gefunden.

Da sich der Markt weiterhin instabil zeigen wird, können wir uns hier heute sicherlich auch über ein dauerhaftes Kriseninstrument zur Verringerung der Milchanlieferung in Krisenzeiten unterhalten. Ob al- lerdings die unternehmerischen Entscheidungen der Milcherzeuger, so gut es geht, unterstützt werden sollten oder eine staatliche Reglementierung greifen sollte, ist die eigentliche Grundsatzfrage. Denn man muss sich als Partei, die diesen Antrag gestellt hat, die Frage stellen lassen: Kommt eine staatliche Regelung nicht wieder einer Quote nahe?

Der Ansatz der Minister auf der letzten Agrarminister konferenz, die Milchmenge EU-weit in Krisensituationen temporär, obligatorisch und entschädigungslos zu reduzieren, ist ein Ansatz, der sicherlich diskutiert werden muss. Denn ein temporärer Eingriff bedeutet ja nichts anderes als ein vorübergehend, also nur eine gewisse Zeit, andauernder Eingriff in den Markt.

Keinesfalls sollte, darf und wird es dadurch zu einer Rückkehr zu staatlichen Markteingriffen auf Erzeugerebene kommen. Denn niemand – vor allem nicht die landwirtschaftlichen Betriebe, die Milchbauern in Nordrhein-Westfalen – will eine neue Milchquote.

Die NRW - Koalition setzt auf die Aktivitäten des Marktes. Wir wollen in die Lieferbeziehungen zwischen Molkereien und Lieferanten nicht eingreifen.

Wer den Markt aufmerksam beobachtet, dem wird auffallen, dass unter den Top Ten der deutschen Molkereien gerade diejenigen erfolgreich sind, die beispielsweise mit Eigenmarken den Markt bedienen.

Wenn wir über den Milchmarkt und seine möglichen Krisen sprechen, dürfen wir auch nie aus den Augen verlieren, dass wir diese Sparte des globalen Agrarmarktes immer EU-weit betrachten müssen. Denn dieser ist schon lange ein internationales Geschäft.

Aktuell entfallen 27 % des Weltmilchhandels – ich hatte gestern Abend fast schon erwartet, dass die Landfrauen in ihrer Umfrage darauf angespielt haben – auf die EU. Die Integration in den globalen Weltmilchmarkt schreitet also voran.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Märkte – und damit auch der Milchmarkt – sind wie eh und je in Bewegung. Geben wir dem Milchmarkt in Deutschland die Chance, sich selbst zu regulieren, und zwar mit so wenig staatlicher Regulierung wie möglich und so viel Unterstützung im Krisenfall wie nötig.

Im Agrarausschuss haben wir hierzu Anfang September dieses Jahres bereits ausführlich diskutiert. Alle Fraktionen – bis auf die antragstellende – votierten gegen diesen Antrag. Wir nehmen dieses Votum an und werden auch heute diesem Antrag nicht zustimmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)


(Das vollständige Protokoll der Plenardebatte mit allen weiteren Redebeiträgen finden Sie im Internet unter www.landtag.nrw.de.)